In Lügde ist alljährlich ein alter germanischer Brauch zu bestaunen. Dabei werden brennende Räder in das Tal hinabgestoßen. Der Erfolg des Laufes dieser Räder soll darüber entscheiden, ob das neue landwirtschaftliche Jahr erfolgsverheißend (oder eben nicht) sein wird. Das Feuerrad kann als ein Symbol der Sonnenscheibe gedeutet werden, die, wenn sie denn in das Tal gestoßen wird, die Frühlings-Kräfte der Natur entfachen soll.
Letztendlich geht es also darum, die Vitalität der Gemeinschaft nach einem langen und dunklen Winter zu erneuern. Dies spiegelt auch Goethes Äußerungen über das christliche Osterfest wieder (siehe Faust. Erster Teil):
„Aus dem hohlen finstern Tor / Dringt ein buntes Gewimmel hervor. / Jeder sonnt sich heute so gern. / Sie feiern die Auferstehung des Herrn, / Denn sie sind selber auferstanden: / Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern, / Aus Handwerks- und Gewerbesbanden, / Aus dem Druck von Giebeln und Dächern, / Aus der Straßen quetschender Enge, / Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht / Sind sie alle ans Licht gebracht.“
Dies ist der Sonnenwagen von Trundholm, in dessen Tradition – so hat es zumindest dem Anschein – die Lüdger Osterräder stehen.
Ein kleiner Nachtrag sei noch erlaubt: Interessanterweise lassen sich nämlich gedankliche Brücken zwischen dem von mir unlängst vorgestellten Käfach-Kunstprojekt und dem Lüdger Osterräder-Brauchtum herstellen Schließlich werden dort leere Fruchthülsen, sprich Heu, genutzt, um besagte Oster-Sonnen-Feuerräder zu stopfen, auf dass der jahreszeitliche Transformationsprozess erneut beginnen kann.