5. Oktober 2025
Ein surrealer leerer Kinosaal, KI-Bild

Atmosphären, Brüche und Behaglichkeitskino – Notizen vom Filmfest Hamburg

“Und dann passiert das Leben” – Abbruchhaus in Hannover, Schulenburger Landstraße

Gestern beim Filmfest in Hamburg gewesen und zwei Deutschland-Filmpremieren gesehen. „Und dann passiert das Leben“ war zwar schauspielerisch prima, der Erzählstrang selbst aber eine Katastrophe. Es fing wie eine epigonenhafte Reminiszenz an Loriot an, was – wenn es denn fortgesetzt worden wäre – immerhin unterhaltsam gewesen wäre. Leider verfiel der Film danach in tiefste Depressionen und konnte sich dabei nicht entscheiden, ob die Beziehungsdynamik eines alternden Ehepaares, der Berufsabschied und die damit verbundenen Probleme, die Beziehung zum Sohn oder ein tragischer Verkehrsunfall auserzählt werden sollten. So gab es von allem etwas, nur keine in sich geschlossene Erzählung. So wartete ich genervt im Kinosessel auf den Abspann. Wer jedoch trist-traurige Kamerabilder mag, wird bei diesem Film nicht enttäuscht. Die waren nämlich atmosphärisch beeindruckend.

Viel, viel besser hat mir der Film „Diamanti“ gefallen. Zwar war mir der mediterrane Überschwang zunächst einmal zu laut und überdreht, und auch die hektischen Kamerabewegungen trugen nicht zu meinem persönlichen Wohlbefinden bei, doch nach etwa 45 Minuten hat mich der opulent inszenierte Film mit seinen verschiedenen Frauengestalten, die im Nähatelier Theaterkostüme entwerfen, dann aber doch vollständig gepackt.

“Diamanti” – Detail einer Hamburger Fassade

Interessanterweise vermittelt der Film nicht nur eine Wertschätzung weiblicher Lebenswelten, sondern auch eine Hommage an das Kollektiv. Das wiederum stimmt mich nachdenklich, denn schließlich passt dies vordergründig nicht zu unseren individualistisch-kämpferischen Lebenswelten. In den meinungsbildenden Kreisen, so meine Beobachtung, wird dagegen das Mantra der Gemeinschaft gesungen, was sich durchaus als Ideologie verstehen lässt. „Diamanti“ geht mit dem kulturell-elitären Zeitgeist 🍿 konform und vermittelt ihn im Behaglichkeitskino.

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