5. Oktober 2025
Cahergal Stone Fort

Cahergal Stone Fort – Ein steinernes Echo der Vergangenheit (Teil 6)

Nach langen Wegen, mythischen Begegnungen und ersten Eindrücken heiliger Orte setzt sich meine Irlandreise nun im sechsten Teil fort. Ziel ist diesmal Cahergal Stone Fort, ein fast unversehrter Ring aus Stein, der bis heute von einer verborgenen Ordnung kündet. 

Teil 1 – Eine Reise zwischen Anfang und Neubeginn
Teil 2 – Lange Wege, enge Kojen und erste Zeichen
Teil 3 – Cromm Cruaich, der Totengott
Teil 4 - Endlich Irland – Von Wexford bis zum Rock of Cashel
Teil 5 - Zwischen Hafen und Paradies: Cork, Garnis Island und der Ring of Kerry

Nun führt mich Teil 6 an einen besonderen Ort am Rande des Ring of Kerry: Cahergal Stone Fort – ein steinernes Echo der Vergangenheit, ein Kreis, der bis heute Geheimnisse und Harmonie bewahrt.

Das Cahergal Stone Fort ist ein Ort, der sich nicht sofort preisgibt. Die massiven, kreisförmig aufgeschichteten Mauern wirken trutzig und abweisend, fast als wollten sie die Jahrhunderte, die über sie hinweggegangen sind, vor fremden Blicken bewahren.
Der Kreis der Mauern wirkt wie ein Rätsel aus Stein, das nur jene einlässt, die bereit sind, länger zu verweilen.

Diese Trockensteinmauern, errichtet ohne Mörtel, haben Jahrhunderte überstanden – ihre Struktur so stabil, daß die verflossene Zeit ihnen kaum etwas anhaben konnte. Der Ring der Mauern ist fast vollkommen erhalten, ein steinernes Relikt einer Epoche, in der sich Clans in solchen Festungen verschanzten. Doch Cahergal ist nicht nur eine Verteidigungsanlage, sondern auch ein Symbol für Gemeinschaft. Im Inneren steht der Grundriss eines Rundhauses, das wahrscheinlich die Wohnstätte eines Anführers war. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie hier einst das Feuer loderte, wie Stimmen im Schutz der Mauern hallten, während draußen der Wind vom Atlantik heraufzog.

Cahergall Stone Fort, auch bekannt als An Chathair Gheal (Das helle Fort)), ist ein Steinring-Fort in der Nähe von Cahersiveen im County Kerry, Irland. Es wurde um das 7. Jahrhundert n. Chr. als befestigter Bauernhof errichtet. Das Fort hat einen Durchmesser von etwa 25 Metern, mit Mauern, die an der Basis bis zu 5 Meter dick und bis zu 4 Meter hoch sind. Diese Trockenmauern wurden ohne Bindemittel errichtet.

Es wurde teilweise restauriert und bietet Besuchern heute einen faszinierenden Einblick in die frühmittelalterliche Geschichte Irlands. Von den oberen Terrassen hat man zudem einen beeindruckenden Ausblick auf die umliegende Landschaft, einschließlich des nahegelegenen Ballycarbery Castle.

Aufstieg zur Mauerkrone

Ich erklimme die steinernen Stufen und mit jedem Schritt, der zur Mauerkrone führt, überschreitet man eine unsichtbare Schwelle, die hinaus aus der Gegenwart und hinein in den Atem der Jahrhunderte führt. Oben angekommen öffnet sich mir ein Blick in die umliegende Landschaft. Die grünen Hügel, das ferne Glitzern des Wassers – es ist, als hätte die Zeit hier eine andere Dichte.

Cahergal Stone Fort

Unabhängig vonall den geschichtlichen Hintergründen entfaltet der steinerne Befestigungskreis, der sich um einen inneren Kreis aufbaut, eine eigentümlich magische Wirkung auf mich. Diese ist wohl durch die in die Landschaft gesetzte Geometrie zu erklären, die gerade dadurch, daß sich die ehemaligen Gebäude nur noch in Form von Mauerresten zeigen, sichtbar geworden ist.

Der Kreis und sein Geheimnis

Und doch – über das Historische hinaus – spricht hier die Form selbst zu mir. Ein kleiner Kreis wird hier von einem größeren begrenzt. Beide beziehen sich auf einen gemeinsamen Mittelpunkt. Harmonische Strukturen wirken, wie schon Pythagoras erkannte, auf uns ordnend und ausgleichend. Pythagoras lehrte, daß Formen nicht nur Erscheinungen im Raum sind, sondern daß ihnen darüber hinaus ein mathematisches Prinzip zugrunde liegt.

Dieses mathematische Prinzip wird auch in der Geometrie sichtbar, die für das Auge das ist, was die harmonische Musiklehre für das Ohr ist: eine erfahrbare und erlebbare Ordnung, die sich in Proportionen und Verhältnissen spiegelt und auf Gesetzmäßigkeiten verweist, die jenseits des menschlichen Bewußtseins liegen. Eine solche Ordnung gründet sich nicht im bloßen Zufall, sondern folgt einem tieferen Prinzip, das sich wiederum in Zahlen ausdrückt. Diese sind nicht bloße Mengen, sondern Verhältnisse, die sich in der sichtbaren Welt als Struktur, Bewegung und Klang manifestieren. So wird aus Form Zahl und aus Zahl Harmonie. Für einen kleinen Moment genieße ich diese Harmonie.

Ein Moment des Innehalten

Irgendwo zwischen Himmel und Erde, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, bleibt für einen Moment alles stehen, zumal meine Mitreisenden sich allesamt schon auf dem Weg zum Bus zurückgemacht haben. Ich genieße den Moment der Ruhe und des Innehalten und werde dabei selbst zum Teil des steinernen Gleichklanges.

Während Cahergal vom Gewicht der Jahrhunderte erzählt, öffnet sich im nächsten Teil ein Gartenreich voller Farben und Formen: Muckross House and Gardens in Killarney, wo Natur und Menschenhand in feiner Harmonie zusammenwirken.

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