Von Schwerin ging es mit der Bahn nach Ludwigslust, einen kleinen Ort, der seit 1752 so heißt, wie auch das gleichnamige Schloss.
Dieses entstand an der Stelle eines Jagdschlosses auf morastigem Gelände. Genau genommen hatten wir, während der Schlossbesichtigung, die ganze Zeit, den Eindruck, dass es schwanken würde. Nun ist es in der Tat so, dass das Gebäude auf Pfählen steht, nur verneinte dies der Herr, der uns später durch das Schloss führen würde, vehement. “Was haben sie denn am Mittag getrunken?”, war seine lustige Antwort auf meine diesbezügliche Anfrage.
Doch ich will chronologisch berichten: Bevor wir das Schloss nämlich überhaupt betraten, lösten die steinernen Kaskaden bei uns Entzückungen aus, während das wirklich schreckliche Kopfsteinpflaster unsere Unmutsbekundungen hervorrief.
Danach kauften wir die Eintrittskarten und vertrieben uns die Zeit bis zur Führung, indem wir der Stadtkirche, die in zentraler Achse zum Eingang des Schlosses liegt, einen Besuch abstatteten.
“Schauen Sie sich das an. Sie werden erstaunt sein”, hatte uns zuvor der Ticketverkäufer gesagt und behielt damit recht.
Die Stadtkirche zeigt ein riesiges Fresko “Verkündigung der Geburt Christi an die Hirten”, was die gesamte Apsis einnimmt. Ein Foto kann die dreidimensionale Wirkung des Gemäldes, was auch dadurch zustande kommt, dass – ähnlich wie bei Theaterdekorationen – mehrere Pappmaschee-Wände hintereinander aufgestellt sind, nicht wirklich wiedergeben. Die Realität ist eindringlicher, als jede Abbildung.
Überhaupt das Pappmaschee. Die Kandelaber auf dem Altar sind aus billiger Kartonage, genauso wie auch die Dekorationen im Goldenen Saal des Schlosses, das wir danach besichtigten.
Es wurde uns erzählt, dass das Rezept zur Pappmaschee Herstellung, die im Gegensatz zu der uns bekannten üblichen Form, witterungsbeständig ist, nicht mehr bekannt sein und der Erfinder, dieses quasi mit ins Grab genommen haben soll. Ich konnte das nicht glauben. Lässt sich das alte Pappmaschee nicht mit unseren heutigen wissenschaftlichen Möglichkeiten analysieren und lassen sich daraus nicht Rückschlüsse auf die Rezeptur ableiten?
Das Schloss, dessen Raumaufteilung und Inneneinrichtungen größtenteils erhalten geblieben sind, ist noch nicht vollständig renoviert. Der Ostflügel steht Besuchern zur Verfügung; der Westflügel mit dem Appartement der Herzogin und der Wohnung der Alexandrine von Preußen wird wohl erst in den nächsten Jahren fertiggestellt werden.
Beeindruckt haben mich u.a. die rekonstruierten Tapeten und die in der Bildergalerie ausgestellten Nachbildungen antiker Gebäude aus Kork. Sie stammen vom Phelloplastiker Carl May und wurden vermutlich als Tischdekoration, Anschauungsmaterial und Gesprächsanreiz genutzt.
Apropos Gesprächsanreiz: Auch die ausgestellten Bilder dienten einst in erster Linie dazu, mit den Gästen in ein Gespräch zu kommen, weniger als Dekoration oder als Geldanlage, wie in den heutigen Zeiten. Ja, es gibt einiges vom Barock zu lernen! (Buchempfehlung)
Im Anschluss an die Schlossführung schauten wir uns noch den wunderschönen Park an, um dann, nicht ohne zuvor ein Grillhähnchen am Bahnhof gekauft zu haben, nach Schwerin zurückzukehren.
Meine Ludwigsluster Bildersammlung findet sich hier.