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Das Amber Fort
(6.10) Mit Elefanten kann man das Amber Fort erreichen. Spätestens seit militante Tierschützer hier Tierleid erkannt zu haben glaubten, sehen die meisten deutschen Reiseanbieter davon ab, einen Elefantentransport zu inkludieren. Wir fuhren also mit einem schnöden Jeeps hinauf.
Der Name des Amber (gesprochen Amer) Forts begründet sich auf die Göttin Amba Mata, auch genannt Ambe Maa, Durga Maa, … Kali! Sie verleiht uns Energie und unterstützt uns darin, Hindernisse in der realen Welt zu zerstören. Sie ist die Kriegsgöttin, die vernichtet, was uns bedrängt. Lies auch hier!
Amber wurde als Hauptstadt des Kachwaha-Clans im Jahre 1592 unter Maharaja Sawai Man Singh I (Regierungszeit 1590 – 1614) gegründet und unter Maharaja Sawai Jay Singh II weiter ausgebaut.
Die nächste Verkaufsshow
Unser Reiseleiter erzählte uns, dass er vom indischen Staat zu diesem Programmpunkt verpflichtet wäre. Das kann sein, muss aber nicht. Uns wurde gezeigt, wie Teppiche geknüpft und Stoffe bedruckt wurden. Anschließend wurden wir noch durch ein Geschäft mit allerlei hochpreisigen indischen Erzeugnissen, insbesondere Schmuck, geschleust. Der Aufenthalt in den Verkaufsräumen war mir viel zu lang, zumal ich an den Produkten keinerlei Interesse hatte.

Anstatt hier unsere Zeit zu vertrödeln, wäre es besser gewesen, unser eigentliches Besichtigungsprogramm fortzusetzen. So hätten wir vermeiden können, gerade zur Mittagshitze das Freiluft-Observatorium zwischen dem Stadtpalast und dem Palast der Winde besichtigen zu müssen. Es gab dort später so gut wie keinen Schatten, sodass ich definitiv diese Besichtigung nicht genießen konnte.
Der Stadtpalast
Zuvor ging es aber erst einmal zum Stadtpalast.
Vor dem Eingang zeigten Puppenspieler ihre Kunst.
Das Puppenspiel, Kathputli genannt, hat in Rajasthan eine jahrhundertealte Tradition, die von der Bhat-Gemeinschaft ausgeübt wird. Einst unterhielten sie nicht nur die Dorf- und Stadtbewohner, sondern auch die Höfe der Rajputen. Sie priesen die Herrscher, die sie dafür mit materiellen Vergünstigungen auszeichneten. Noch heute reisen die Theater durch die Lande und verbreiten Neuigkeiten und vermitteln moralische und soziale Werte, erzählen witzige Anekdoten oder erzählen Geschichten aus den großen indischen Epen Ramayana, Mahabharata und dem Liebesdrama von Laila & Majnun. Die Aufführungen werden von Musikern begleitet.
Leider haben die Kathputli-Spieler es mit der Verbreitung digitaler Medien zunehmend schwerer ihr aufmerksames Publikum zu finden, sodass, neben staatlichen Erziehungsprogrammen der Landbevölkerung, der Tourismus das Mittel der Wahl zu sein scheint, um die alte Tradition, die jeweils vom Vater auf den Sohn übergeht, am Leben zu erhalten.
Viele Hotels unterhalten ihre Gäste nun mit Kathputli. Auch am letzten Abend meiner Indienreise gab es im Double Tree by Hilton in Agra eine Aufführung, die ich aber leider fast vollständig verpasste. Das Ende bekam ich noch mit, wodurch sich mir jedoch der Eindruck ergab, dass das Repertoire mit dem schon von mir geschauten Puppenspiel vor dem Stadtpalast in Jaipur sehr ähnlich war. Wahrscheinlich greift man für die Touristen auf sehr begrenzte Szenen zurück: Haremsdamen mit Hüftschwung und Michael Jacksons legendäre Tanzbewegungen. Auch beschränkt man sich darauf, Kathputli-Puppen einfach nur zu präsentieren, um sie hinterher verkaufen zu können.
Wenn meine Beobachtungen richtig sind, würde dies für eine Verarmung der Tradition sprechen, was schade wäre.
Natürlich habe ich mir in Jaipur auch zwei kleine Puppen gekauft, die in den traditionellen mittelalterlichen Gewändern Rajasthans gekleidet sind und die jetzt einen meiner vielen Bücherschränke dekorieren.
Wer sich detailliert über dieses spannende Thema informieren möchte, den empfehle ich diese kleine Studie, die auch über die Veränderung der Kathputli-Tradition in Rajasthan informiert: hier!
Prächtig: Der Palast!
Die Südseite des Palastes wird noch von der Herrscherfamilie bewohnt, der größere Gebäudeteil lässt sich besichtigen und enthält auch verschiedene Museen (Kunstgalerie, Textilmuseum, Waffenmuseum).

Ein riesiges silbernes Gefäß, soll mit 345 Kilogramm Fassungsvermögen das angeblich größte der Welt sein und einst mit 9000 Liter heiligem Ganges Wasser gefüllt gewesen sein. Ausgestattet mit diesem Wasservorrat bereiste Madho Singh II England. Anlass für die Reise war 1902 die Krönung Edwards VII.

Der Pfauenhof (Prisma Niwas Chowk) hat es mir besonders gut gefallen.

Auf meiner Reise begegnete ich immer wieder dem Pfau. Der Pfau stammt ursprünglich aus Indien und galt dort, wegen seines prunkvollen Rades, als Sonnensymbol. Er gilt als Reittier verschiedener Götter, beispielsweise reitet die Göttin Indra auf einem Pfau. Er steht für Schönheit und ist das heilige Tier Krishna.
Bei den kurdischen Yeziden gilt er als Gottesbote und auch das frühe Christentum schrieb ihm noch positive Eigenschaften zu. In Europa wird er seit dem Mittelalter mit Eitelkeit, Luxus und Hochmut in Verbindung gebracht.
Das inspirierende Buch von Harald Knauss “Das Vogelorakel” sagt mir:
Verlieren Sie sich nicht in äußeren Werten und nichtigem äußeren Prunk, sondern achten Sie darauf, daß Ihr inneres Leben die unverrückbare und feste Basis Ihres Lebens ist. Suchen Sie nach den wahren Werten. Widmen Sie sich den schönen Dingen dieser Welt und der Kunst. Sie haben wahrscheinlich viele Schutzengel um sich herum, die Sie auf dem Weg des Erfolges voranbringen. Verbinden Sie Ihre Befähigung zu äußerer Schönheit mit inneren Werten.
Knauss, Harald: Das Vogelorakel. München 1998, S. 198)
Na dann …!!!
Ich staune im Textilmuseum noch über die mit Gold durchwobene und mit Edelsteinen und Perlen verzierte Brokatrobe des Maharaja Sawai Madho Singh II, der einen Bauchumfang von 1.80 Meter aufgewiesen haben soll, bevor es danach weiter zum Freiluft-Observatorium des Maharaja Sawai Jay Singh aus dem Jahre 1728 geht.
Jantar Mantar
Dieses gehört seit 2010 zum UNESCO Weltkulturerbe, doch ich kann es nicht ausreichend würdigen: Die Hitze bringt mich fast um.


Am Abend: Kino
Zum Abschluss unseres Jaipur-Aufenthaltes besuchten wir noch ein Kino, was einen Palast in rosafarbenen Plüsch gleicht: das Raj Mandir Cinema. Vom Stil hätte ich es in die späten 50er Jahre verrortet, jedoch stammt es aus den Siebziger Jahren.
Der Film war relativ belanglos und erzählt die Geschichte eines armen Schneiderleins, was zu Erfolg und Wohlstand findet. Er wurde in Hindi gezeigt, aber unser Reiseleiter versorgte die kleine Gruppe von Teilnehmern, die sich zum Bollywood-Abend angemeldet hatten, mit den nötigsten Informationen zur Handlung. So fiel es uns nicht schwer, die einfache Geschichte zu verfolgen.
Fazit: Da es sich nicht um einen typischen Bollywood-Film mit vielen Tanzeinlagen und Gesang gehandelt hat, vielmehr um ein flaches Sozial-Drama, war der Kinobesuch, wenn man davon absieht, dass zu später Stunde noch Kleinkinder in das Kino mitgenommen wurden, auch nicht viel anders als in Deutschland.
Der Film ist mittlerweile auch auf Deutsch erschienen und heißt hier “Nadel und Faden”. Der Originaltitel lautet: Sui Dhaaga .
Ich empfehle den Film nicht. Der Kinoabend hat sich wegen des wirklich schönen Kino-Ambientes dennoch gelohnt!


Ein Gedanke zu “Mein zweiter Tag in Jaipur!”