5. Mai 2024

Neuschwanstein

“Ja. Etwas ist sehr traurig, denn was war das Land der Romantik? Welches Land in der Welt ist das Zentrum der Romantik? Das war Deutschland.

Es ist seltsam, daß gerade Deutschland die Romantik in der Architektur und auf allen Bereichen so entschieden beseitigt hat. Diese Zerstörung der Romantik begann in Deutschland und griff dann über auf Amerika. Das Bauhaus war einer der wesentlichen Faktoren für die Zerstörung des Romantischen in der Welt. Vielleicht hatten die Deutschen die Romantik über und haben dann des Guten zuviel getan und das Bauhaus gegründet, das nichts von der Romantik übriggelassen hat. Aus diesem Grund ist Neuschwanstein, ein romantisches Schloß aus einer romantischen Zeit, heute doch ein Erfolg. Weil alles andere zerstört worden ist. Also fahren die Leute nach Neuschwanstein. Das Gefühl für Romantik steckt in jedem Menschen, vor allem in den Österreichern. Romantik mag vielleicht mit Kitsch verwandt sein, aber das macht nichts. Das Fehlen von Romantik macht unser Leben unerträglich, aber es ist überraschender, wenn man Kitsch sagt. Die Leute halten die Sehnsucht nach Romantik nicht für Kitsch. Die negativen, dogmatischen Intellektuellen wollen den Leuten Schuldgefühle für was machen, was völlig natürlich und positiv ist. Diese kleine Gruppe von Theoretikern hat die Werte völlig verdreht und behandelt die Menschen mit Indoktrinierungen als Versuchskaninchen ür ihre absurden erzieherischen Experimente.”

Hundertwasser, in: Rand, Harry: Hundertwasser. Köln 2017, S. 116/17

Neu-Schwanenstein

Vor zwei Jahren noch hatte ich das Schloss Neuschwanstein von Innen besucht, diesmal nahm ich mit dem Blick von Außen vorlieb, auch weil ich darum weiß, dass man durch die Räume durchgeschleust wird und so wenig Zeit und Muße für Betrachtungen hat.

Das obige Foto ist von der Marienbrücke, die fragil über der eindrucksvollen wild brausenden Pöllatschlucht schwebt, aufgenommen und zeigt das Schloss Neuschwanstein in seiner ganzen magischen Pracht. Vorbild stand übrigens die Wartburg, über die ich hier berichtet habe. Nachdem Ludwig II. die Wartburg, den Originalschauplatz von Wagners “Tannhäuser” besucht hatte, fasste er den Entschluss, die Ruinen von Vorder- und Hinter-Hohenschwangau im Stil einer mittelalterlichen Ritterburg, die für ihn die Gralsburg werden sollte, aufzubauen.

Der künstlich-künstlerische Wahn sollte Ludwig II., frei nach Richard Wagner, nicht nur die zeitweise Entlastung von der Projektionsfläche, die er als Monarch für seine Untertanen sein musste, bieten, sondern ihn auch erleichternde Zerstreuung von den Idealen, denen er als König verpflichtet war zuzustreben, ermöglichen. Es ist die Tragik Ludwig II., dass er, der sich als Parzival identifiziert hat, wohl auch der unerlöste Amfortas war.

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