In der letzten Parzival-Inszenierung des Staatstheaters Hannover war der Gral ein hell beleuchtetes Rechteck, was dem Gegenstand des Grals auf eine reine Form abstrahiert und dabei der Gegenstandslsigkeit, die Inhalt transportiert, ohne an Körperlichkeit gebunden zu sein, nahe kommt. Über den Gral habe ich hier bereits ausführlich geschrieben.

Als materiellen Gegenstand lässt sich der Gral in Valencia erleben. Dieser ist angeblich der Kelch, den Jesus Christus beim Letzten Abendmahl benutzt haben soll.
Glücklicherweise gab es nur eine kleine Menschenschlange, die es zu bewältigen galt, bevor ich die Kathedrale in Valencia betreten konnte. Etwas ziellos schaute ich mir die Kathedrale an.
Goyas Alptäume
In einer Nebenkapelle fand ich ein Gemälde von Goya, was mich in den Bann zog.
Mein Handyfoto des Gemäldes ist nicht sonderlich gelungen, gibt aber einen Eindruck des Ölbildes von 1788, das San Francisco de Borja zeigt und in dem Goya erstmalig seine Alptraum-Gestalten visualisiert hat. Nachdem er im Winter 1792/93 vermutlich einen Schlaganfall gehabt hat, tauchte er, der zuvor die Schönen und Reichen seiner Zeit portraitiert hatte, künstlerisch die Nachtseiten des Lebens ein.
Jetzt, wo ich dies hier schreibe, berührt mich die Information zu Goyas Schlaganfall um so mehr, auch weil ich gerade erleben musste, wie meine Mutter durch einen Schlaganfall von einem Tag auf den anderen von einer aktiven Seniorin zu einem Pflegefall wurde: eine Tragödie, die ich nur schwer verkraften kann und mit der ich lernen muss, umzugehen.
Jesus Abendmahl-Kelch
Aber wo befindet sich nun der Heilige Gral?
Ich musste noch einmal im Eingangsbereich der Kathedrale nachfragen und wurde auf eine kleine Kapelle aufmerksam gemacht, die dem Eingangsbereich gleich benachbart ist und die ich dennoch übersehen hatte.
Die Reliquie befindet sich seit 1437 in der Kapelle des Heiligen Kelches. Ich habe die spirituell kontemplative Atmosphäre der Kapelle sehr genossen, unabhängig davon, ob ich nun glaube, daß Jesus jemals den Kelch in den Händen gehalten hat oder eben nicht.
Es roch nach Weihrauch. Der Kelch ist nur von Weiten zu betrachten. Laut eines Informationsblättchen, was in mehreren Sprachen verfügbar ist und in der Kapelle ausgelegt ist, stammt er aus dem 1. Jahrhundert vor Christus und hat seinen Weg aus der Gegend von Alexandrien und Syrien, was der Herstellungsort sein soll, bis nach Valencia gefunden. Er ist dabei angeblich durch die Hände von Petrus und den ersten Päpsten (bis zu Sixtus II) gegangen, war den Bischof von Rom exklusiv zugeordnet und ist während der Christenverfolgungen des Kaisers Valerius im Jahren 258 vom Diakon Laurentius nach Huesco in Spanien gebracht worden. Während der muslimischen Invasionen wurde er an mehreren Orten in den Pyrenäen versteckt, bis er schließlich im Kloster „San Juan de la Peña“ eine Heimat fand.
Im 11. Jahrhundert wurden den Becher Verzierungen zugefügt. Nachdem der Kelch im Jahre 1399 schließlich im Reliquienschrein des Königreichs von Aragonien eine vorläufige Heimat fand, brachte ihn schließlich König Alfons zu seinem Palast in Valencia . Im Jahre 1437 übergab man ihn der Kathedrale, wo er bis heute zu bewundern ist.
Viele Treppen und keine Aussicht!
Anschließend besteige ich den Glockenturm Miquelete, aber letztendlich haben sich die vielen Treppenstufen nicht gelohnt. Oben angekommen befinde ich mich nämlich in einer Masse von Touristen, die es verunmöglichen, die Aussicht wirklich zu genießen.
Der Turm selbst ist achteckig und daher aus zahlenmysthischer Sicht interessant. Er erinnert mich an das magische Castel del Monte in Apulien (hier!)
Bevor ich die Kathedrale verlasse, entzünde ich eine Kerze für meine Mutter. Vielleicht hilft es ja.