5. Oktober 2025

Ernährung als Heilsversprechen!

Am Wochenende gab es einen  interessanten Artikel in  der TAZ, von dem ich hier mal kurz berichten möchte.  Es ging um “Bärlauch” , einen Ernährungstrend, der kein Ende zu nehmen scheint. Der Autor des besagten Artikels nimmt diese Modeerscheinung zum Anlass, um  eine ernährungsrelevante Marketing-Strategie zu erläutern, die sich wiederum auf beliebige andere Nahrungsmittel übertragen lässt.

Die Strategie (von mir verkürzt zusammengefasst, auf Basis des TAZ-Artikels von Till Ehrlich) .

1. Am Anfang braucht es ein Nahrungsmittel,  was ausgewählt werden muss.

2. Der “Genusshandwerker”  entdeckt es und führt es “selbstlos” dem ökonomischen Kreislauf zu.

3. Der bärtige Ernährungsratgeber bescheinigt erstaunliche gesundheitsfördernde Eigenschaften.

4. Fernseh-Köche machen das Ganze publik und bringen Multiplikatoren ( Journalisten, Prominente) dazu, ihrerseits von der Heilkraft des Nahrungsmittels zu erzählen.

5. Der “Genusshandwerker” berät mittlerweile Industrie und Handelskonzerne, was dazu führt, dass das Nahrungsmittel überall vermarktet wird (Bsp. Bärlauch-Butter).

6. Der bärtige Kritiker taucht auf, der darauf hinweist, dass das Nahrungsmittel  nicht gesünder ist als andere, dafür aber teurer, da die Vermarktung vom Verbraucher mitfinanziert werden muss.

7. Der Hype flacht ab; ein neues Nahrungsmittel wird entdeckt.

Interessant:

Zu Punkt 3) schreibt Till Ehrlich:

Moderne Ernährungsberatung gleicht einer Wundertüte – und ist die zeitgemäße Ersatzreligion schlechthin. Ihr Heilsversprechen ist das ewige und glückliche Leben, ohne dass man sich dafür anstrengen müsste. Es genügt, “richtig” zu konsumieren; die Passivität wird zur Passion.

Wie wahr: Auch mir kommt es, schätzungsweise seit der Jahrtausendwende,  so vor,  dass in bestimmten Bevölkerungskreisen  die Frage der “richtigen” Ernährung  immer mehr zum Dogma geworden ist, über das sich vorzüglich streiten lässt.  Und so konsumieren die einen “vegan” und die anderen favorisieren die Trennkost, die einen trinken Ginkgo und die anderen schwören auf  Aloe Vera.

Das Privatfernsehen, in seinen trashigen Auswüchsen, schafft es dann auch noch, dass wir “angeekelt” auf die vermeintlichen Unterschichten herabblicken, die,  körperlich verfettet, es nicht “geschafft” haben, gesund auszusehen. Ihnen wird Ernährungs-“Beratung”  offeriert,  mit dem Versprechen,  bei Erfolg  auch “geistig”  dazugehören zu können.  Der “schöne” Körper wird  so zum Garant für die Erlösung; der Konsum, sei es nun Ernährung oder die Schönheits-OP, zum Weg dorthin.  Das Fatale ist, dass die Anhänger dieser neuen Religion sich meist noch nicht einmal bewusst sind, dass sie einer Erlösung hinterherjagen, die angesichts der körperlichen Auswirkungen des Alterns letztendlich zum Scheitern verurteilt ist.  Willkommen in der Hölle!

Den ganzen TAZ-Artikel könnt ihr hier lesen: //www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sb&dig=2009%2F04%2F25%2Fa0021&cHash=74f8c57844

3 Gedanken zu „Ernährung als Heilsversprechen!

  1. Danke für die netten Worte. Es war aber keine Fernsehsendung, auf die ich mich hier beziehe, sondern ein Artikel in der TAZ. Ich fürchte auch fast, dass das Fernsehen (vielleicht mit Ausnahme von arte oder 3Sat) Sendungen mit solchen kritischen Inhalten nicht bringen würde, müsste es sich dann nämlich selbst “den Spiegel” vorhalten, anstatt “Kochprofis” im Traumschiff zu vermarkten.

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