5. Oktober 2025
Laubüberwölbter Weg mit blauer Holzbank im Schlossgarten von Kloster Haydau, der Blick führt in einen lichten Durchgang.

Garten zwischen Epochen: Der Schlossgarten von Kloster Haydau

Ein Garten voller Blüten – und voller Geschichten. Der Schlossgarten von Kloster Haydau scheint auf den ersten Blick einfach nur schön. Iris in gerahmten Beeten, strenge Wege, alte Mauern. Doch wer tiefer blickt, entdeckt mehr als nur gärtnerische Kunst.

Ursprünglich war Haydau ein Zisterzienserinnenkloster aus dem 13. Jahrhundert. Später wandelte sich das Areal unter Landgraf Moritz von Hessen-Kassel und seiner zweiten Frau Juliane zum Jagdschloss, ehe Landgraf Karl und seine Gemahlin Amalia von Kurland 1690 den barocken Schlossgarten anlegen ließen – der heute sogar Teil des European Garden Heritage Network ist.

Im Jahr 2005 wurde die historische Gartenanlage wiederhergestellt und wird seitdem durch ehrenamtliches Engagement der Bürgerschaft gepflegt.

Die Orangerie, wohl ein Werk Paul du Rys, gilt als eine der ältesten ihrer Art in Deutschland – ein seltenes Zeugnis höfischer Gartenkultur. Leider konnte ich mir diese nicht von innen anschauen, da sie von einer Hochzeitsgesellschaft belegt war.

Mehr als 100 Jahre diente Haydau als Staatsdomäne. Als diese 1938/39 aufgelöst wurde, fanden hier umgesiedelte Landwirte und später sogar ausgebombte Familien nach dem Kasseler Luftangriff Zuflucht. Ein Ort des Übergangs, immer wieder.

Und auch heute noch blickt man vom Garten aus auf ein Stück Zeitgeschichte: Das stillgelegte Raiffeisen-Kraftfutterwerk, ein grauer Betonriese am Horizont, erinnert an eine vergangene industrielle Ära. Sein massives Schweigen steht im Kontrast zur geordneten Pracht des Gartens – ein stummes Echo auf die Frage, was bleibt und was vergeht.

Haydau ist nicht nur ein Ort der Schönheit, sondern ein Ort, wo sich Vergangenheit und Gegenwart begegnen. Wer sich hier aufhält, wandelt nicht nur durch Beete, sondern durch Zeiten.

Ein Blick nach innen

Kloster Haydau ist nicht nur ein Ort gärtnerischer Gestaltung, sondern auch ein Raum geistiger und historischer Tiefe. Bei einem früheren Besuch hatte ich die Gelegenheit, auch das Innere der Anlage zu erkunden – und möchte hier einige Eindrücke ergänzen, die über die Außenansichten hinausreichen.

Tonnendecke mit Engeln

In einem der Räume spannt sich über den Köpfen ein bemaltes Tonnengewölbe, das auf dunklem Holz himmlische Wesen zeigt – schwebend, lauschend, fast entrückt. Die Malerei wirkt wie ein Echo vergangener Welten, und doch ist sie gegenwärtig, weil sie berührt.

Kreuzgang und Innenhof

Der Kreuzgang mit seinen gotischen Bögen und das angrenzende Gebäudeensemble aus Fachwerk öffnen sich zu einem stillen Innenhof, der heute als Veranstaltungsort dient. Die weiße Bestuhlung und die schlichten Sonnenschirme stehen in spannendem Kontrast zur mittelalterlichen Struktur – ein Ort der Begegnung zwischen Alt und Neu.

Ein Blick durch das Fenster

Durch die kleinen Scheiben eines alten Fensters fällt der Blick auf den barocken Garten: Geometrische Wege, symmetrische Hecken, ein zentraler Brunnen. Hier wird der Garten zur Bühne, die durch das Fenster betrachtet wird – wie ein lebendiges Stillleben.

Ein Ort zwischen Zeiten – und Möglichkeiten

Kloster Haydau ist mehr als eine historische Kulisse. Es ist ein Ort, an dem sich gärtnerische Gestaltung, geistige Tiefe und zeitgenössische Nutzung auf stille, aber deutliche Weise begegnen. Zwischen Zisterzienser-Tradition, barocker Umgestaltung und heutiger Veranstaltungsarchitektur entsteht eine Atmosphäre, die weder museal noch beliebig ist – sondern eigenständig.

Heute wird das Ensemble vielfältig genutzt: als Hotel, Tagungsstätte, Hochzeitsort, Konzertsaal und Rückzugsraum. Und doch bleibt das Gefühl, sich an einem Ort zu befinden, der seine Mitte nicht verloren hat. Vielleicht ist es genau das, was Haydau so besonders macht: die Fähigkeit, sich zu öffnen, ohne sich preiszugeben.

Ein Besuch lohnt sich nicht nur für Liebhaberinnen und Liebhaber alter Mauern oder gepflegter Gärten, sondern auch für jene, die das leise Zusammenspiel von Raum, Zeit und Bedeutung zu schätzen wissen.

Hinweise für den Besuch

Adresse:

Kloster Haydau

In der Haydau 2

34326 Morschen

Anreise:

Das Kloster liegt ca. 40 Minuten südlich von Kassel und ist mit dem Auto gut erreichbar. Parkmöglichkeiten sind in der Nähe vorhanden. Auch eine Anreise mit der Bahn bis Morschen-Altmorschen ist möglich; von dort sind es etwa fünf Minuten Fußweg.

Besichtigung:

Der Schlossgarten ist öffentlich zugänglich und kann frei durchquert werden. Die Innenräume des Klosters sind im Rahmen von Veranstaltungen und Führungen zugänglich.

Übernachtung & Veranstaltungen:

Das angrenzende Klosterhotel Haydau bietet stilvolle Unterkünfte sowie Räume für Tagungen, Seminare, Konzerte und private Feiern – besonders beliebt für Hochzeiten.

Weitere Informationen:

www.kloster-haydau.de

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