Nachdem ich in einem vorangegangenen Artikel schon eine Annäherung an den Begriff der Ethik vollzogen habe, beschäftige ich mich heute mit der Definition von Objektivität, um dann beides in Überlegungen zur objektiven Ethik münden lassen.
Um also mit Wilhelm Busch zu sprechen: Dies ist der zweite Streich. Doch der dritte folgt sogleich.
Den ersten Teil könnt ihr hier nachlesen: Teil 1
Was ist nun aber “Objektivität”?
Der Terminus “Objektivität” beschreibt das Erkennen durch das Erfassen realer Gegenstände und objektiver Ideen. In einer streng verstandenen objektiven Sichtweise wird jegliche Subjektivität ausgeschlossen, was – da wir ja von menschlicher Natur sind – letztendlich ein unmögliches Vorgehen darstellt. Insofern kann ich den Satz zustimmen: Keine Objektivität ohne Subjektivität.
Unter //www.wissenbloggt.de/?p=14056 finde ich folgende Erklärung der “Objektivität”:
Die objektivistische Epistemologie (Erkenntnistheorie) geht davon aus, dass Konzepte aus Beobachtungen abgeleitet werden und dass alle Behauptungen, die nicht nachweisbar auf Beobachtungen beruhen, willkürlich sind und keiner weiteren Beachtung würdig (darunter der Yeti, Big Foot und Gott – jedenfalls bis zu dem Grad, als dass blind an sie geglaubt wird. Insofern Belege angeboten werden, sieht die Sache anders aus).
Das naturwissenschaftliche Denken scheint – wie keine andere Wissenschaftsdisziplin – dafür geeignet zu sein, die nötigen Beweise, Fakten und Überprüfungen zu liefern, um die uns umgebende Welt objektiv (was im allgemeinen Sprachgebrauch gleichbedeutend mit rational und vernünftig verwendet wird), zu verorten.
… So jedenfalls wird es in der heutigen Zeit gerne geglaubt (sic!).
Jedoch sollten wir uns selbst verdeutlichen, dass selbst die Objektivität der Naturwissenschaften nicht voraussetzungslos ist. Insofern sollten wir den Glaubenssatz (denn um nichts anderes handelt es sich hier), dass nämlich naturwissenschaftliche Methoden Objektivität gewährleisten nicht ohne Skepsis hinnehmen, z. B. indem wir uns selbst Fragen stellen:
- Wird dieser Objektivitätsanspruch willkürlich – und das heißt nichts anderes als von bestimmten Interessen geleitet – vollzogen?
- Werden die naturwissenschaftlich-technischen Methoden auf Bereiche angewandt für die sie gar nicht entwickelt worden sind?
- Erfasst die moderne Naturwissenschaft mit ihren Gesetzen die gesamte Natur?
- Haben die Methoden der modernen Naturwissenschaft tatsächlich eine Situation herbeigeführt, die zwangsläufig industrielle Produktionsmethoden und moderne Lebensweise zur Folge haben mussten?
- usw.
Eine blinde Gläubigkeit an die Naturwissenschaften, wie sie den momentanen Zeitgeist entspricht, scheint nicht haltbar zu sein.
Objektivität meint – laut Philosophie-Lexikon – immer “das Freisein von subjektiven Zutaten”. Letztendlich ist das ein Diktum, das kein menschliches Wesen erfüllen kann, schließlich spielt unser subjektives Sein immer in den Erkenntnisprozess mit hinein und ist von diesem nicht zu trennen. Andererseits erweitern wir ständig unseren Wissenshorizont und gerade die moderne Hirnforschung lässt uns die biologischen Ursachen unseres Denkens immer mehr verstehen, sodass sich für mich die Frage stellt, ob wir uns nicht selbst in unserer Entfaltung – gerade durch die Annahme, dass es eben nicht möglich ist – determinieren und dass es für uns zukünftig doch machbar sein wird, eine objektive Sicht, die sich gegenwärtig noch im Unmanifestierten befindet, auf die Welt zu erlangen.
Meiner Meinung nach ist Objektivität nichts anderes als das Absolute, was die Sehnsucht des Menschen erfüllen soll, dem Unsinn des Todes zu erklären. Wir wollen ja sortieren, einordnen und katalogisieren, um unseren scheinbaren Frieden mit dieser letzten und schrecklichen Determinanten zu machen, die all unser Streben in ein finsteres Grab münden lässt.
Wenn ich von der Annahme einer objektiven Welt ausgehe, die im Gegensatz zum Subjektiven steht, kann das Absolute mit “Gott” identifiziert werden.
Ich denke mir jedoch immer ein Wesen dazu, das nicht-menschlich ist und das diese Objektivität quasi verwaltet, bewahrt, versteht, weiterentwickelt (das tun wir allerdings auch selbst ständig) und nicht unbedingt nur verkörpert. Es ist also nicht identifiziert mit der objektiven Welt, hat jedoch Anteil an ihr und ist ihr gleichzeitig überlegen.
Doch wissen tue ich all dies nicht. Einen Beweis muss ich schuldig bleiben. Ein Gedankenversuch ist es, um das Unbegreifliche begreifbar zu machen. Ich füge also eine metaphysische Numen-Instanz in mein Weltbild ein (das Eine), der ich jetzt allerdings nicht das Gesicht einer Verwaltungsfachangestellten geben möchte und die sich daher besser als nicht näher fassbare “Bewusstheit” umschreiben lässt.
Liebe Leserinnen, füllt den Begriff “Bewusstheit” nach eurem Gusto, denn natürlich sollst du dir ein Bildnis machen!
Wem dir aber mein Verweis auf das Metaphysische nicht behagt, dann tut sich eine weitere praktizierbare Möglichkeit auf, schließlich können wir auch davon ausgehen, dass wir selbst (und nur wir selbst!) die Wirklichkeit konstruieren. Alles ist möglich. Alles ist denkbar. Willkommen in der Vielheit!
Dabei ist es letztendlich unerheblich, ob es nun neben meiner und deiner Sichtweise auf das Lebewesen “Schaf” noch eine objektive Realität von “Schaf” existiert. Der Konstruktivismus würde dies und damit auch die Existenz von “Objektivität” im Ganzen abstreiten; ich dagegen gehe davon aus, dass es nicht nur ein objektives Sein des Schafes “für sich” gibt, sondern auch eine Objektivität des Schafes “an sich”.
Jedoch ist dies für mich und für dich im praktischen Leben letztendlich vollkommen unrelevant und für das Schaf im Übrigen auch.