Manchmal lohnt der Blick von der Postmoderne zurück in die Moderne, die uns gleichermaßen antiquiert wie auch irgendwie beruhigend-gemütlich vorkommt. Der Rückblick ermöglicht uns das Eintauchen in jene wunderbare Sentimentalität, die einem gemütlichen Teekränzchen gleichkommt, bei dem gehaltvolle Lektüre rezitiert wird, um hinterher in einem gepflegten Diskurs überzugehen, der so viel erbauender zu sein scheint, als jeder Whatsapp-Nachrichtenstream.
Und so lauschen wir dann Friedrich Schiller:
Schon in der Schule sah man, welch Früchtchen das geben würde! Das schwänzelte um den Lehrmeister herum und horchte und schmeichelte und wußte sich fremdes Verdienst zuzueignen und seine Eier in fremde Nester zu legen. Das erschrak vor keiner Niederträchtigkeit, um sich einzuschmeicheln, einzunisten. Als er älter ward, ging das alles ins Große. Bald spielte er den Heuchler, bald den Spaßmacher, wie’s die Zeit heischte; mit jedem Winde wußte er zu segeln. (Der Parasit)
Erstaunt reiben wir uns nun die Augen und wir ahnen, dass es in der sogenannten “guten alten Zeit” genauso wenig “anheimelnd” gewesen zu sein scheint, wie auch in der Jetzt-Zeit. Schiller ermöglicht uns einen Rückblick, der uns feststellen lässt, dass all die Blockwarte, Denunzianten und Verleumder, die momentan so inflationär auftreten und dabei sogar Rückenwind von der Journaille und anderen staatlich gelenkten Kräften erhalten, keine besondere Ausprägung der gegenwärtigen Konsens-Gesellschaft sind. Und so wird vernichtet, was sich nicht – im Sinne der Corporate Identity, hinter der sich doch nur eine zweifelhafte Globalisierungs-Doktrin verbirgt -, verwerten lässt. Und all die Zombies, die heute die designten Büro-Etagen wichtig durcheilen, finden ihre wohlfeilen Vorbilder auch in den Heuchlern, Verrätern und unterwürfigen Lakaien des 18. und 19. Jahrhunderts, nur – das ist der Unterschied – dass damals niemand euphemistisch von einer demokratisch-freiheitlichen Gesellschaft sprach.