5. Oktober 2025

Wie die “Empathie” missbraucht wird!

Ich beginne mit einem erdachten Beispiel: Wenn mein Chef mich lächelnd und duzend zur Selbstausbeutung animieren möchte, sieht das für schlichte Geister vielleicht emphatisch aus, ist es aber nicht. Schließlich verfolgt er eine Absicht, die jenseits meines persönlichen Willens liegt. Diesen hätte er (immer vorausgesetzt er wäre dazu emotional und intuitiv in der Lage) emphatisch erspüren  und sich dann demgemäß verhalten können. Genau dies tut er aber nicht. Stattdessen legt er ein nur scheinbar emphatisches Verhalten an den Tag, um seine Zwecke zu erreichen, die ihm wiederum von seiner Chefetage vorgegeben worden sind. Er benutzt mich also, genauso wie auch er selbst als dumpfe Marionette mechanisch gespielt wird, wobei ihm – dies ist zu befürchten  –  der ablaufende Prozess noch nicht einmal bewusst sein muss.

Der Rahmen, in dem das Beispiel platziert, heißt Unternehmens- oder Verwaltungskultur.

Eine solche “Kultur” kann nur durch die Unbewusstheit der Beteiligten, die sich auf bestimmte Grundannahmen geeinigt haben, die weder hinterfragt noch diskutiert werden dürfen, funktionieren. (Siehe auch: Schein)

Wenn Kritik  dann doch geäußert werden sollte, wird dies umgehend sanktioniert, schließlich wird andernfalls befürchtet, dass das fragile Kartenhaus einfällt.

Wie sagte schon Alice im Wunderland:

Ihr seid nichts weiter als ein Spiel Karten!

Jetzt möchte ich an dieser Stelle auf die herrschende “Friss-oder Stirb”-Mentalität der Unternehmen sowie der öffentlichen Hand nicht weiter eingehen (zu düster das Thema), vielmehr halte ich die im Beispiel verdeutlichte Vorspiegelung von Empathie für bemerkenswert .

“Einfühlung”  wird hier nur vorgegeben, ist also nicht vorhanden und/oder  auch überhaupt nicht beabsichtigt. Ich, als ungewollte Empfängerin dieses Schein-Gefühls, bin nur “Mittel” , genauer gesagt “Mittel zum Zweck” eines anderen.

Immanuel Kant hätte ein solches Verhalten, wie  das vom angenommenen Chef praktizierte,  als nicht ethisch gedeutet. Schließlich widerspricht es dem katagorischen Imperativ, der im zweiten Teil besagt:

Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person als auch in der Person jedes anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.(GMS 429)

Der WDR hat dem Thema letztens eine ganze Sendung gewidmet. “Du” kannst sie nachhören! Hier:  Empathie versus Vernunft.

 

 

alice

 

 

»Schlagt ihr den Kopf ab!« brüllte die Königin so laut sie konnte. Niemand rührte sich.

»Wer fragt nach euch?« sagte Alice (unterdessen hatte sie ihre volle Größe erreicht). »Ihr seid nichts weiter als ein Spiel Karten!«

Bei diesen Worten erhob sich das ganze Spiel in die Luft und flog auf sie herab; sie schrie auf, halb vor Furcht, halb vor Ärger, versuchte sie sich abzuwehren und merkte, daß sie am Ufer lag, den Kopf auf dem Schoße ihrer Schwester, welche leise einige welke Blätter fortnahm, die ihr von den Bäumen herunter auf’s Gesicht gefallen waren. (Alice im Wunderland)

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