Impressionen aus Wolfenbüttel: Wilhelm Busch Statue ohne Geschlecht. Zum solchermaßen kastrierten Mann passt dann auch der “Männer-Parkplatz”, ebenfalls in Wolfenbüttel zu besichtigen. Schlechte Zeiten also für Männer und für Frauen sowieso. Mir fällt dazu ein, dass die Sieger nach gewonnenen Schlachten den Statuen der Besiegten gerne die Männlichkeit genommen haben. Heutzutage wäre das nicht mehr nötig. Die Männer nehmen sich ja selbst die Potenz, während die Frauen “ihren Mann stehen”. Die Gesellschaft bewegt sich in eine Beliebigkeit jenseits von Polaritäten. Jede Form von sexueller Anziehung wird so untergraben. In einer übersexualisierten Populärkultur hat sich längst Prüderie breitgemacht.
In Hannover wird derweil die Vergangenheit kastriert, indem unter dem Deckmantel der Kunst Politik betrieben wird. Dies geschieht, indem Hannovers bekanntester Bahnhofsvorsteher, nämlich König Ernst August, samt Pferd in schwarze Folie verkleidet wird und alsdann mit Laserpistolen beschossen was die lokale Presse euphemistisch als “gepunktet” bezeichnet.
Unter dem Deckmantel der Kunst wird hier also Politik betrieben. In bestimmten Kreisen wird intensiv daran gearbeitet, das Identitätsstiftende der deutschen Vergangenheit zu eliminieren. Christo hat verhüllt, um Gebäuden Aufmerksamkeit zu geben. Sein Vorbild waren die Geschenkpackungen. Die Epigonen verhüllen, um das Denkmal zu beschmutzen und damit auch zu entweihen. Damit dies der Zivilgesellschaft, die hier zum Mob wird, nicht auffällt, wird der Beschuss als bunte Kindergarten-Aktion getarnt.
Doch zurück nach Wolfenbüttel:
Ausgerüstet mit dem empfehlenswerten Buch “Spaziergänge durch Lessings Wolfenbüttel” von Paul Raabe machte ich mich am Samstag auf Erkundungstour durch das Bibliotheksquartier und die Auguststadt.
Dies scheint mir eine adäquate Beschäftigung in Zeiten von Corona zu sein, schließlich bewege ich mich ausschließlich im Außenbereich und lasse mir u.a. erklären, welche Bewohner einst im Zimmerhof 26 (der Essigfabrikant Mast, der den “Jägermeister” auf den Markt brachte) und in der Schützenstraße 8 (der Arzt Dr. med. Siegfried Kirchheimer) gewohnt haben. Irgendwann scheine ich abgetaucht zu sein in das Wolfenbüttel des 18. Jahrhunderts, nur als sich bei mir der Hunger einstellt, holt mich die Gegenwart wieder ein.
Wolfenbüttel verweigert mir nämlich einen Restaurantbesuch. Entweder waren die Lokalitäten am Samstagmittag geschlossen, überfüllt oder “2G”. Da fühlt man sich doch gleich als Paria in einer Welt der Geimpften.
Also hole ich mir ein Plunderstück beim Bäcker. Dessen Angebot ist schon etwas ausgedünnt, schließlich schließt dieser schon um 14 Uhr. Wolfenbüttel ist eben doch Provinz.
Der Spaziergang auf Lessings Spuren dauert insgesamt wohl drei Stunden, wobei ich jedoch sämtlich vorgeschlagenen Innenraum-Besichtigungen weggelassen habe. Das Lessinghaus und die Bibliotheca Augusta hatte ich schon bei einem anderen Wolfenbütteler Besuch erkundet. Das vom Autor des Büchleins zur Besichtigung vorgeschlagene Erdgeschoss des Zeughauses ist nicht mehr öffentlich zugänglich und erinnert mich daran, dass das Büchlein schon etwas in die Jahren gekommen ist.
Die St. Johanniskirche mit freistehendem Glockenturm in der Auguststadt ist eine angenehme Entdeckung. Diese wurde mit Unterstützung des alten Herzogs erbaut und 1663 eingeweiht. Der Herzog kam damit den Wunsch der 59 Bürger der neu entstandenen Auguststadt nach einem geistigen Zentrum nach. Heute liegt die Kirche etwas versteckt, bezaubert aber mit einer Inneneinrichtung, die noch mehr der Renaissance als dem Barock verhaftet ist.
Ich hatte Glück, denn ich konnte einen Blick in den Innenraum erhaschen. Eine frisch vollzogene Trauung machte dies möglich und ein Plausch mit dem Pfarrer verstärkte die angenehme Atmosphäre, die dieses Kirchengebäude ausstrahlte und versöhnte mich ein wenig mit Wolfenbüttel, das mir in den Zeiten der viralen Bedrohungen abweisender vorkam als bei meinem letzten Besuch (hier!).