Ich kann mich nicht erinnern jemals so fluchtartig-genervt eine Kunstausstellung verlassen zu haben, wie heute. Es ist der 27.9.2015. Es ist der letzte Tag der Präsentation von Pipilotti Rist in der Kestnergesellschaft Hannover und unglücklicherweise fühlte ich mich bemüßigt das, was andere schon hochgelobt haben, mit eigenen Augen zu sehen, ohne mich jedoch im Einzelnen vorab genauer über die Künstlerin, ihre Intention und ihr Werk zu informieren. Wäre ich doch lieber durch den Hermann-Löns-Park geschlendert oder in den Wellness-Bereich meines Fitness”Clubs” verschwunden! Nein, ich wollte fremde Kunst, die andere erdacht und kuratiert hatten, KONSUMIEREN. Das war ein Fehler.
Der erste Installationsraum im Kultur-Verein hing voller Kugeln, in denen sich Videos von Untersee-Landschaften in Großaufnahme spiegelten. Deep Blue. Das sah hübsch aus und würde sicherlich einen netter Empfangsraum für Sea Life abgeben, aber – ach -, die haben ja richtige Fische, dachte ich mir.
Der nächste Raum verhieß Spannung, schließlich musste ich die Schuhe aussziehen, um mich dann auf dunkle Baumarkt-Teppich-Auslegplatze hinzufletzen und bei weich gespülter New-Age-Musik, nur unterbrochen vom beständigen Gemurmel des Pärchens mit den rot-karierten Hemden hinter mir, eine visuelle Reise durch Körperwelten in Großaufnahme anzusehen, die in Überblendung und mit Kaleidoskop- oder Was-auch-immer-Effekt zu Natur-Bildchen, ebenfalls in Großaufnahme , überleiteten. Kunst als Event. So schön kann das Leben also sein, wenn alles fließt und sich miteinander zur glücklichen Seelenmassage vereint. Wohlgefällige Werbeästhetik ist das, allein die Werbe-Einblendung für die vegane Haut-Creme fehlte mir.
Dem Publikum wird es wohl in der Mehrzahl gefallen haben, schließlich wird hier eine Instagram-Ästhetik bedient, die unser ganzes Leben in monetesierbare Bahnen lenkt. Werbe-Ausstellungs-Design wird zur Kunst transformiert, indem die Messehalle mit dem Kunstverein ausgetauscht wird, indem also einfach die Räumlichkeit und so der Bezugsrahmen gewechselt wird. Alles ist beliebig. Wellness pur eben. Eat, Pray, Love.
So mit visuellen, inhaltsleeren Eindrücken abgefüllt, begab ich mich in die oberen Räume, wo mich Konzeptkunst erwartete. Ich mag keine Konzeptkunst! Nan Goldin hatte hier die überaus originelle Idee Fotografien von alten Meistern des Louvres mit denen von ihren mehr oder weniger bekleideten Freunden, Bekannten oder anderen Narzissten zu kombinieren. Das ist eine nette Idee, die sicherlich für Facebook und anderen Netzwerk-Seiten geeignet erscheint, ansonsten aber nicht viel mehr ist, als die “Kreativ-Aufgabe” für den Oberstufen-Kurs, der eventuell – in der Folge – zu praller Kunst führen könnte. KÖNNTE! Das hier aber sind die blossen Vorübungen, von denen aber – so meine Vermutung – zumindest die Abgebildeten begeistert sind. Schließlich wird ihren Portraits nun durch die Kontextuierung mit antiker Louvre- Mythologie ein Bedeutungsrahmen erschaffen, der – das fürchte ich – nicht wirklich vorhanden ist. Hohl-Kunst eben. Das hippe Kunst-Publikaum jedoch erschauert vor gespielter Begeisterung. Ich zumindest flüchtete aus der Kuratorinnen-Führung.
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