(Dienstag, 10. Juli) Auch heute möchte ich, genau wie bei meinem gestrigen Beitrag, mit einem Film beginnen. “Quax in Afrika” (Entstehungszeitraum 1943 – 45) sollte in der Dünenlandschaft der Kurischen Nehrung gedreht werden, da die Wehrmacht aber zeitgleich schon zurückgedrängt wurde, entschied man sich dagegen. Die Gegend galt als “mögliches Feindgebiet”.
Der Parniddener Berg und das Sonnenobservatorium
Ich schaue mir heute die Dünenlandschaft an, deren eindrucksvollster Teil jedoch genau im Grenzgebiet zwischen Russland und Litauen liegt. Vorsichtshalber schalte ich mein Handy auf Flugmodus, da ich nicht Gefahr laufen möchte, dass sich ein russischer Anbieter automatisch in mein Netz einwählen könnte. Dieser würde nämlich hohe Kosten verursachen.
Durch die Nährungswälder geht es zum Parniddener Berg (auch genannt Hohe Düne). Von hier aus hat man einen eindrucksvollen Blick auf Haff und Nehrung.
Mein Reiseführer schreibt:
Die Hohe Düne ist ein kurzlebiges Gebilde. Mindestens 40 Zentimeter legt sie pro Jahr zurück, um sich mit ihren Sandmassen ins Haff zu ergießen. In 2000 bis 3000 Jahren wird es wahrscheinlich dann kein Kurisches Haff mehr geben und man wird trockenen Fußes von Nida nach Gilge spazieren können. (Strunz, Gunnar: Königsberg. Kaliningrader Gebiet, S. 353).
Die Spazierwege sollte man, aus Naturschutzgründen, auch wenn es verlockend erscheint, nicht verlassen.
Oben auf dem Berg befindet sich ein von einem Künstlerteam errichtetes Sonnenobservatorium. Ich bin begeistert. Runen und runeninspirierte Symbole zeigen jahreszeitliche Feste an. Diese sind durchaus christlich inspiriert und gehen insofern eine Symbiose zwischen heidnisch konnotierter und christlich überschriebener Tradition ein. Wie ein Priester oder eine Priesterin lassen sich hier die Tagundnachtgleichen und Sonnenwenden zelebrieren, jedoch sollte man sich dabei bewusst sein, dass man innerhalb des subjektiven Universums der Künstler (Richard Kristopavicius, Klaudijus Püdymas und Libertas Klimka), die die Symbole auswählten und erdachten, agiert.
Eine Broschüre, die in den örtlichen Touristenbüros ausliegt, informiert über die genauen Intentionen der archaisch anmutenden, aber dennoch modernen Installation.
Die Litauer haben, in Ermangelung von historisch gewachsener Bausubstanz, die ja weitgehend im Krieg zerstört wurde, eine Vorliebe für Skulpturen im öffentlichen Raum entwickelt.
Auch an der Strandpromenade in Schwarzort/Juodkranté finden sich viele Skulpturen.
Unsere Reisegruppe zieht es dort aber in den Hexenwald.
Der Hexenwald in Schwarzdorf/Juodkranté
Litauische Märchen lieferten die Inspiration für die fantastischen Holzskulpturen, die hier schon 1980 entstanden sind. Es sind ungefähr 80, die sich, entlang des Weges in lichte und finstere Vertreter aufteilen. Am Wegesrand stehen Musikanten, die sich Geld verdienen wollen. Bei meinem Besuch waren dies ein Vater mit Kindern und, an einer anderen Stelle, eine Mutter mit Akkordeon spielenden Sohn.


Badefreuden am Ostseestrand
Am Nachmittag zieht es mich zum Ostseestrand, der von Nidden aus, in einem 25minütigen Spazierweg erreichbar ist. Der Ostseestrand ist relativ leer und angenehm weitläufig, zeitweilig zieht Nebel über den Strand und bietet ein eindrucksvolles Naturschauspiel, was sich leider fotografisch nicht festhalten lässt.
Der Friedhof in Nidden
Er wurde während des Krieges nicht zerstört und zeigt u.a. die für Memeln typischen Totenbrettern. Diese sind häufig in Form einer Kröte gehalten, da dieses Tier bei den Kuren das Leben nach dem Tode symbolisierte.
Mit dem Schiff zu den Dünen
Zum Abschluss des Tages fahre ich noch mit einem Ausflugsboot zu den großen Dünen, die direkt im Grenzgebiet liegen und deshalb zu Lande nicht besucht werden können. Der Turm in den Dünen bezeichnet die Grenze. Auf dem Wasser stehen sich jeweils ein russisches und ein litauisches Grenzkontrollboot gegenüber. Entspannt wirkt das nicht!
Weitergehende Informationen über den litauischen Teil der Kurischen Nehrung finden sich hier.
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