18. Mai 2024

Der Einheitsbrei und seine Gegenbewegung

Ich verbringe viel Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln, die ich manchmal damit zubringe  die WELT zu lesen. -Das ist ein Presse-Blättchen, was zwar – genauso wie all seine zweifelhaften Gespielinnen und Buhlbrüder – tendenziös und propagandiös ist, was aber von Zeit zu Zeit einmal journalistische Lichtblicke erahnen lässt.

Diesmal war es ein Interview mit Thomas Marecki, der sein Magazin Lodown, was ich bisher nicht kannte und was mich vermutlich mit seinen Schwerpunktthemen  Surfen und Skaten auch nicht wirklich interessiert –   einstellt und der aus diesem Anlass von einem WELT-Journalisten interviewt wurde.  Er sagt im Gespräch  über Netzkommunikation folgendes:

“Qualität bleibt auf der Strecke. Wenn etwas erst gar nicht für den Mainstream gemacht ist, bekommt es nicht genug Zustimmung im Netz und wird dann nicht entsprechend honoriert. Darum entsteht immer mehr Einheitsbrei, der aber einer breiten Zielgruppe gefällt. Die Wiederholung wird zum Normalfall. Neue Inhalte kommen erst gar nicht mehr rein. Es sei denn, sie sind gesteuert. (Der Mainstream ist SINNBEFREIT,  Die Welt vom 01.06.2016)

Aufmerksamkeits-Wirtschaft heißt das, worum es im Zitat geht,  und sie führt zu einer Konsensbildung im Mittelmaß, das sich gegenseitig immer mehr verfestigt. Aus Flüssigbeton wird so  Beton, der sich nur noch mit Sprengstoff zerstören lässt oder eben überhaupt nicht. Alles, was nicht in diese neue Konsensdiktatur passt, wird eliminiert. Notfalls wird gar ein Rufmord kreiert. Das ist nicht nur in der sogenannten “Lügenpresse” der Fall, sondern setzt sich in alle Bereiche unserer Gesellschaft  unschön fort. Insofern hat die journalistische Zunft hier erfolgreich erzieherisch gewirkt; in ihrer  eigentlichem Aufgabe – nämlich objektiv zu berichten und manchmal auch investigativ aufzudecken – versagt.

Allüberall sind nun die tumben Blockwarte anzutreffen.

Und so hat sich langsam ein Cthulhu-Monster mit seinen Krakenarmen auf das Gesellschafts-Geflecht platziert, dass – wir wissen es alle – gerade durch Andersartigkeiten, Brüche, Diskussion und Diskursen, viril erhalten bleibt, nun aber erstickt wird von einer Diktatur wirtschaftlicher Dogmen, deren Währung sich im Zuge der Digitalisierung mehr und mehr Richtung Aufmerksamkeit verlagert, die wiederum in Geld, was bald kein Bargeld mehr sein darf,  umgetauscht wird. Paradoxerweise ist dieser Prozess zwar offensichtlich, wird aber dennoch von den meisten Mitmenschen nicht bemerkt.  Die  Gedanken-Schablonen und Strangulierseile, die uns auferlegt worden sind, werden in der Mehrheit nicht  hinterfragt und deshalb gar  für “alternativlos” erachtet.  Und so breitet sich die Zensur im Internet aus und wo nicht gleich ganze Seiten gesperrt werden, da wird der Meinungsaustausch  durch Mainstream-Einheitsbrei erstickt und gesponserte Beiträge zu Küchenmaschinen sowie anderen Gadgets verheißen Ablenkungen, die wiederum den Wirtschaftskreislauf befruchten.

Überwachung, Maximierung, Evaluationen und wie das Kauderwelsch des entfesselten Kapitalismus-Monster auch heißen mag, führt normalerweise zu Gegenbewegungen. Eine davon nahm letzten Sommer ihren spektakulären Anfang. Im  Zuge der Flüchtlingskrise konnten  all die Willkommensfreunde eine Emotionalität und Menschlichkeit ausleben, die im Alltagsleben – gedeckelt von Prozess- und Risikomanagement-Prozessen -, nur noch – unter Androhung von Stigmatisierungen – auslebbar ist. Und so werden dann noch schnell zwei unbegleitete afghanische Jugendliche aufgenommen, um die Familie zu sein, die man eigentlich nicht ist und Gefühle zu zeigen, die im harten beruflichen Alltag als Schwäche gedeutet werden.

  • Doch diese Gegenbewegung ist falsch, auch wenn sie von einigen Akteuren gut gemeint zu sein scheint. Hier werden alle Beteiligten, unabhängig davon, ob es sich dabei nun um Flüchtlinge, Helfer oder Helfershelfer handelt,  von einer Politik instrumentalisiert, die auf Anraten der Wirtschaft, Migration nur deshalb fördert, um so die globalisierten Wirtschafts-Maximen fester und fester zu surren. Das Seil um unseren Hals zieht sich dabei fester und fester zu und wir haben fast schon keine Luft mehr zum Atmen, derweil die Propanda- und Bespaßungsmedien uns im Staccato mit ihren Lügen bombardieren.
  • Diese falsche Gegenbewegung ist darüber hinaus ein Ventil  für die fortschreitende gesellschaftlichen Zombifizierung. Dieses Ventil lenkt den Druck, entstanden  aus  unterdrückten Unbehagen und Ärger, in die instrumentalisierten Kanäle des Gutmenschentums.  Darüber hinaus bietet diese falsche Gegenbewegung die Möglichkeit,  ihre Kritiker als Feinde zu stigmatisieren und zu verfolgen. Dabei machen dann fast alle gesellschaftlichen Institutionen brav mit, einfach deshalb, weil sie am finanziellen Tropf der Willkommenskultur hängen und ihnen so das eigenständige Denken und Handeln (sofern vorhanden!) schon längst abgewöhnt wurde.
  • Diese falsche Gegenbewegung  ist nichts weiter als  eine neue “Abwrackprämie”, die die  Konjunktur ankurbelt und den Arbeitsmarkt in Zeiten der Globalisierung noch prekärer gestalten soll, als dies ohnehin der Fall ist.
  • Diese falsche Gegenbewegung schafft  Konkurrenz bei den Niedriglöhnern mit Einwanderern, mit denen sich keine Solidarität erzielen lässt,  weil nicht nur eine gemeinsame Sprache fehlt, sondern auch eine andere Kultur gelebt wird.

Das ist nicht die Gegenbewegung, die wir dringend benötigen!  Das ist eine große inszenierte Lüge, die uns entwurzelt und uns zu Sklaven des Finanzkapitals macht.

Wacht auf und empört euch!

210820112546

Ein Blog lebt auch von Ihren Kommentaren!

Entdecke mehr von mamiwata

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen